Am 28. September 2025 hat das Schweizer Stimmvolk entschieden: Der Eigenmietwert wird frühestens ab 2028 abgeschafft. Für Hauseigentümerinnen und Hauseigentümer bedeutet dies eine fundamentale Änderung der steuerlichen Rahmenbedingungen. Doch was heisst das konkret für anstehende Renovationen und Sanierungen? Sollten Sie jetzt noch schnell Ihre geplanten Arbeiten vorziehen, um Steuerabzüge zu nutzen – oder könnten Sie damit sogar draufzahlen?

Mit dem Inkrafttreten der Reform – voraussichtlich am 1. Januar 2028 – entfällt nicht nur der Eigenmietwert für selbstgenutzte Erst- und Zweitwohnungen. Gleichzeitig fallen auch wichtige Steuerabzüge weg:
Der Eigenmietwert ist ein fiktives Einkommen, das selbstnutzende Wohneigentümer versteuern. Er soll Mieter und Eigentümer steuerlich gleichstellen, indem der Vorteil des mietfreien Wohnens ausgeglichen wird. Im Gegenzug können Unterhaltskosten und Schuldzinsen vom Einkommen abgezogen werden.
Eine Analyse der UBS zeigt deutlich: Die Reform hat sehr unterschiedliche Auswirkungen.
Von der Steuerreform profitieren bei tiefen Hypothekarzinsen vor allem Eigentümerinnen und Eigentümer neuer Wohnungen in Grosszentren. Dank hohem Eigenmietwert und tiefen Unterhaltskosten fallen wegfallende Abzüge kaum ins Gewicht. Neuerwerber gewinnen zusätzlich durch den Ersterwerberabzug bei den Schuldzinsen.
Ebenfalls begünstigt sind Personen mit weitgehend oder vollständig amortisierten Hypotheken – häufig Rentnerinnen und Rentner – da der Wegfall des Eigenmietwerts ihre Steuerbelastung im Verhältnis zum Einkommen deutlich senkt.
Zu den Verlierern der Reform zählen vor allem Eigentümerinnen und Eigentümer sanierungsbedürftiger Altliegenschaften. Hohe Renovationskosten lassen sich künftig kaum mehr steuerlich abziehen, was den Wertunterschied zwischen Neubauten und Altbauten vergrössert: Neuwertige Immobilien werden teurer, ältere verlieren an Wert.
Auch Zweitwohnungseigentümer dürften belastet werden. Eine neue kantonale Objektsteuer könnte nicht nur den Wegfall des Eigenmietwerts kompensieren, sondern insbesondere in Bergkantonen auch zur Bekämpfung sogenannter «kalter Betten» eingesetzt werden.
Sinkende Anreize für den Liegenschaftsunterhalt belasten den Bausektor, auch wenn es kurz vor dem Systemwechsel zu einem Sanierungsboom kommen könnte. Die eingeschränkte Abzugsfähigkeit von Schuldzinsen dürfte zudem die Hypothekarnachfrage senken und damit auch den Bankensektor treffen.

Wichtig zu wissen: Eigentümerinnen und Eigentümer mit Sanierungsbedarf – laut UBS betrifft dies rund ein Drittel aller Eigenheime – müssen mit höheren Steuern rechnen. Da Renovationskosten nicht mehr abziehbar sind, verteuern sich Sanierungen je nach Steuersatz um 20 bis 30 Prozent.
Experten sind sich einig: Bis Ende 2027 wird es zu einem massiven Sanierungsboom kommen. Fredy Hasenmaile, Chefökonom von Raiffeisen Schweiz, sagt: «Wir sind uns ziemlich sicher, dass dieser Last-Minute-Boom stattfinden wird.»
Erste Gebäudetechnik-Firmen werben bereits explizit damit, dass jetzt der richtige Zeitpunkt sei zu investieren. Wenn viele gleichzeitig sanieren wollen, können Handwerksbetriebe höhere Preise durchsetzen. Es wird eine kurzfristige Zunahme der Aufträge erwartet. Besonders Maler, Sanitärbetriebe und Küchenbauer dürften profitieren. Generell wird mit einer stärkeren Nachfrage nach wertvermehrenden Investitionen gerechnet.
Doch dieser Boom hat seine Tücken. Die Auftragsbücher vieler Handwerksbetriebe sind bereits jetzt gut gefüllt. Stephan Brogli vom Gebäudetechnikverband warnt vor Engpässen: «So kann es zu Kapazitätsengpässen kommen.» Besonders beim Personal seien die Herausforderungen gross, da bereits heute ein «immenser» Fachkräftebedarf bestehe.
Es besteht 2027 ein gewisses Risiko, dass es kurz vor Inkrafttreten der Reform zu einem Peak kommt, welcher die Betriebe zur Ablehnung von Aufträgen zwingen würde. Die logische Konsequenz: Wenn die Nachfrage das Angebot übersteigt, steigen auch die Preise. Genau das haben Hausbesitzer nach der Zweitwohnungsinitiative 2012 erlebt – ein «Last-minute-Boom» trieb die Handwerkerpreise deutlich nach oben.
Kritischer Punkt: Die theoretische Steuerersparnis kann durch gestiegene Handwerkerpreise vollständig aufgefressen werden. Wer CHF 25’000.- Steuern spart, aber CHF 30’000.- mehr bezahlt als vor dem Boom, macht unter dem Strich ein Verlustgeschäft.
Die entscheidende Frage lautet nicht «Spare ich Steuern?», sondern «Spare ich unterm Strich Geld?». Hier eine realistische Beispielrechnung:
Szenario 1: Küchensanierung für CHF 50’000.- im Jahr 2025
Szenario 2: Dieselbe Küchensanierung im Jahr 2029
Szenario 3: Küchensanierung im Boom-Jahr 2027
Szenario 4: Küchensanierung warten bis 2029 (nach dem Boom)
Diese Rechnung zeigt: Das Timing ist entscheidend. Wer 2027 im Peak saniert, könnte trotz Steuerabzug mehr als bei früherer Planung bezahlen. Wer bis 2029 wartet und von der erwarteten Flaute profitiert, fährt unter Umständen besser als im Boom-Jahr 2027.
Ein wichtiger Lichtblick: Energetische Sanierungen bleiben voraussichtlich auf kantonaler Ebene abzugsfähig. Dies betrifft Massnahmen wie:
Hier lohnt sich das Abwarten meist nicht aus steuerlicher Sicht. Allerdings gilt auch hier: Prüfen Sie die Preisentwicklung. Wenn Wärmepumpen-Installateure im Jahr 2027 Wartezeiten von zwölf Monaten haben und die Preise um 25 Prozent gestiegen sind, kann es sinnvoller sein, auf die Flaute ab 2028 zu warten.

💡 Tipp für energetische Sanierungen: Klären Sie frühzeitig ab, welche Massnahmen in Ihrem Kanton auch nach 2028 abzugsfähig bleiben. Die kantonalen Regelungen können sich unterscheiden.
Basierend auf der aktuellen Situation empfiehlt sich folgende Strategie:
| Jetzt planen/zeitnah umsetzen (2026) | - Dringende Unterhaltsarbeiten, die nicht mehr lange warten können - Kleinere Sanierungen unter CHF 20’000.-, - Arbeiten, für die Sie bereits konkrete und faire Offerten haben |
| Kritisch prüfen (2027) | - Grössere Sanierungen ab CHF 50’000.- - Holen Sie mehrere Offerten ein und vergleichen Sie mit Preisen aus 2025/2026 - Rechnen Sie konkret: Steuerersparnis minus Preisaufschlag = echte Ersparnis? - Faustregel: Wenn Handwerker mehr als 15 Prozent Aufschlag verlangen, übersteigt dies oft die Steuerersparnis |
| Auf 2029 oder später verschieben | - Nicht dringende Sanierungen - Wertvermehrende Massnahmen wie Luxusbad oder Designküche, bei denen Sie flexibel sind - Grosse Projekte, bei denen Sie vom erwarteten Nachfragerückgang profitieren können - Arbeiten, für die aktuell keine guten Handwerker verfügbar sind |
| Unabhängig vom Zeitpunkt | - Energetische Sanierungen, die kantonal abzugsfähig bleiben (allerdings Preise beobachten) |
Ein oft übersehener Aspekt: Viele energetische Sanierungen werden nicht nur steuerlich begünstigt, sondern auch durch kantonale und kommunale Förderprogramme unterstützt. Diese Fördergelder bleiben voraussichtlich auch nach 2028 bestehen und sind unabhängig von der Eigenmietwert-Abschaffung.
Bei einer Wärmepumpe können Sie beispielsweise mit Förderungen von CHF 10’000.- bis CHF 20’000.- rechnen – zusätzlich zur steuerlichen Abzugsfähigkeit. Diese Kombinationswirkung sollten Sie in Ihre Rechnung einbeziehen.
Nach dem erwarteten Boom 2025–2027 rechnen Experten mit einem deutlichen Nachfragerückgang ab 2028. Es kommt voraussichtlich zu einer Flaute, weil viele Sanierungen dann bereits erfolgt sind.
Dies bedeutet:
Für Hausbesitzer mit nicht dringenden Sanierungswünschen könnte dies der ideale Zeitpunkt sein. Zwar entfällt die Steuerersparnis, aber die günstigeren Marktpreise könnten dies teilweise oder vollständig kompensieren.
Beantworten Sie folgende Fragen, um Ihre persönliche Strategie zu entwickeln:
Dringlichkeit:
Finanzieller Rahmen:
Art der Arbeiten:
Marktsituation:
Persönliche Situation:
Nutzen Sie den kostenlosen Ofri-Kostenrechner, um Preise für Ihr Bauprojekt besser einschätzen und vergleichen zu können.
Die Eigenmietwert-Abschaffung ist kein Signal für einen blinden Sanierungsmarathon. Die kluge Strategie liegt in der differenzierten Betrachtung jedes einzelnen Projekts.
Drei zentrale Erkenntnisse:
1. Der Boom hat seinen Preis: Wenn alle gleichzeitig sanieren wollen, steigen die Kosten. Die Steuerersparnis kann durch Preissteigerungen vollständig kompensiert oder sogar überkompensiert werden.
2. Timing ist individuell: Was für den Nachbarn mit dringender Dachsanierung richtig ist, muss für Sie mit geplanter Badrenovation nicht gelten. Dringlichkeit, Projektgrösse und Art der Arbeiten bestimmen die optimale Strategie.
3. Nach dem Boom kommt die Chance: Die erwartete Flaute ab 2028 könnte für nicht dringende Projekte der bessere Zeitpunkt sein – trotz wegfallender Steuerabzüge.
Die pauschale Empfehlung «Jetzt noch schnell sanieren» greift zu kurz. Rechnen Sie konkret durch, beobachten Sie die Preisentwicklung und treffen Sie eine informierte Entscheidung. Manchmal ist Abwarten die bessere – und günstigere – Strategie.
Wenn Sie Unterstützung bei der Planung und Umsetzung Ihrer Sanierungen benötigen, finden Sie bei Ofri geprüfte Handwerksbetriebe aus Ihrer Region. Vergleichen Sie Offerten und profitieren Sie von fairen Preisen – egal zu welchem Zeitpunkt Sie sich für Ihre Sanierung entscheiden.




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